[...] Dazu ist noch zu rechnen, dass Rom (wenn man es noch nicht kennt) in den ersten Tagen erdrückend traurig wirkt: durch die unlebendige un trübe Museumsstimmung, die es ausatmet, durch die Fülle seiner hervorgeholten un mühsam aufrecht erhaltenen Vergangenheiten (von denen eine kleine Gegenwart sich ernänrt), durch die namenlose, von Gelehrten un Philologen unterstützte un von den gewohnheitsmässigen Italienreisenden nachgeahmte Überschätzung aller dieser entstellten und verdorbenen Dinge, die doch im Grunde nicht mehr sind als zufällige Reste einer anderen Zeit und eines Lebens, das nicht unseres ist und unseres nicht sein soll. Schliesslich, nach Wochen täglicher Abwehr, findet man sich, obwohl noch ein wenig verwirrt, zu sich selber zurück, und man sagt sich: Nein, es ist hier nicht mehr Schönheit als anderswo, und alle diese von Generationen immer weiterbewunderten Gegenstände, an denen Handlangerhände gebessert und ergänzt haben, bedeuten nichts, sind nichts und haben kein Herz un keinen Wert; - aber es ist viel Shönheit hier, weil überall viel Shönheit ist.
De Briefe an einer jungen Dichter, Rainer Maria Rilke
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